Der Westen Niedersachsens, insbesondere auch die Grafschaft Bentheim, ist einer der bedeutenden Lebensräume für Wiesenvögel wie den Großen Brachvogel. Die Bestände gehen seit Jahren aber immer weiter zurück. Die Altvögel schaffen es vor allem nicht mehr ausreichend Küken groß zu ziehen und damit die Bestände dauerhaft stabil zu halten.
Um über die Ursachen und Maßnahmen zur Hilfe für den Brachvogel zu sprechen, trafen sich rund 60 Interessierte und Akteure Ende Januar im Tierpark Nordhorn zum 1. Brachvogelsymposium. Neben Informationen und dem gegenseitigen Austausch stand vor allem die Frage nach anwendungsbezogenen und praktikablen Lösungsansätzen im Vordergrund der Vorträge und Gespräche.
„Der Brachvogel ist der Charaktervogel der Grafschaft!“ so Zoodirektor Dr. Nils Kramer. „Wir haben hier in der Region eine Verantwortung ihn zu erhalten. Als Schirmart kann sein Schutz dabei vielen anderen Arten helfen!“
Seit Jahren ist der Tierpark Nordhorn als regionales Arten- und Naturschutzzentrum ganz aktiv bei der Bestandssicherung des Brachvogels. Durch das Ausbrüten und die Aufzucht von jungen Brachvögeln sowie die anschließende Wiederauswilderung in geeigneten Gebieten, können die Bestände des Brachvogels gestützt werden. Aus der Region, aber auch aus ganz Niedersachsen, werden so Eier von nicht zu rettenden Gelegen in den Tierpark gebracht. Da der Brachvogel streng geschützt ist, kann die Entnahme der Eier immer nur in ganz seltenen Ausnahmefälle und in Rücksprache mit den zuständigen Behörden erfolgen. Zootierärztin und Kuratorin Dr. Heike Weber stellte die Arbeit und die Herausforderungen des Tierparks bei dieser Arbeit vor.
Durch die Technisierung der Arbeit der Jägerschaften bei der sogenannten Jungtierrettung, also dem Absuchen von Äckern und Wiesen vor der Feldbearbeitung zur Verhinderung des Mähtods, werden aber zunehmend nicht nur viele Junghasen und Rehkitze gerettet, sondern vermehrt auch Gelege verschiedener Vögel entdeckt. Dank der Wärmebildkameras und der besseren Übersicht, die durch den Einsatz von Drohnen erreicht wird, konnte die Effizienz bei dieser ehrenamtlichen Rettungsarbeit in den letzten Jahren deutlich gesteigert werden. „Wir Jäger engagieren uns sehr in der Jungtierrettung! Wir haben hierzu verschiedene Drohnenvereine gegründet!“ so Rüdiger Köhler, Vorsitzender der Grafschafter Jägerschaft. „Wir haben Verantwortung für den Schutz und die Hege unseres Wildes und übernehmen sie auch hier! Als anerkannter Naturschutzverein setzen wir uns für die Natur ein.“
Folge dieser verbesserten Arbeit ist aber auch eine Zunahme von Brachvogelgelegefunden. Zahlreiche von ihnen sind aus verschiedenen Gründen im Tierpark gelandet. Dabei waren sich alle Beteiligten des Symposiums schnell einig, dass das wahllose Absammeln der Eier weder fachlich noch rechtlich das erste Mittel der Wahl ist.
„Der Schutz der Gelege in der Fläche hat oberste Priorität, auch wenn das zu Einschränkungen bei der Bearbeitung führt!“ so Johannes Deiting, zuständiger Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises. „Wir freuen uns über die laufenden Gespräche und hoffen, so gemeinsam mehr für den Brachvogel erreichen zu können!“ Er erläuterte auf dem Symposium die rechtlichen Rahmenbedingungen und stellte vor allen Dingen die schon laufenden Aktivitäten aus dem Feuchtwiesenprogramm des Landkreises vor. Dank dieses Programms konnte an verschiedenen Stellen der Rückgang der Art verlangsamt oder sogar aufgehalten werden. „Hieran gilt es anzuknüpfen und gemeinsam weitere Maßnahmen zu entwickeln!“
Robert Tüllinghoff stellte nicht nur die Biologie des Brachvogels, sondern vor allem auch die Arbeit beim Gelegeschutz und mögliche weitergehende Schutzmaßnahmen im Feld vor. Verschiedene Lösungsansätze und Tipps zur Rettung der Gelege wurden ausgetauscht. Neben dem Schutz der Gelege und der Altvögel standen aber auch Themen wie die dringend notwendige Prädatorenbekämpfung im Fokus. Durch den Einsatz von Fotofallen konnte nachgewiesen werden, dass über die Hälfte der Gelegeverluste auf Haarraubwild, allen voran der Fuchs, zurückzugehen ist. Auch hier wurden Ansätze und Notwendigkeiten zum Schutz des Brachvogels diskutiert.
Die Teilnehmer waren sich einig, dass dieses Format auch in den Folgejahren fortgesetzt werden soll, um den Austausch zu verbessern und die Aktivitäten zu erhöhen, damit der Brachvogel als Charaktervogel der Region auch in Zukunft hier eine Heimat hat.
Fotos (Franz Frieling):
Die Referenten des 1. Brachvogelsymposiums (von links nach rechts): Dr. Nils Kramer und Heike Weber (Tierpark Nordhorn), Johannes Deiting (Untere Naturschutzbehörde Landkreis Grafschaft Bentheim), Lisa Giese (Tierpark Nordhorn), Robert Tüllinghoff (Betreuer Wiesenvögel), Rüdiger Köhler (Kreisjägerschaft)